Update 05.05.2014:
Artikel von Peter Nowak im Neuen Deutschland: Brunnen 6/7 ist bedroht
+++ 2014 in Berlin Mitte ++ durchgestylte Hipster und Party-Meile ++ nahezu kaum noch Alteingesessene Mieter_innen ++ Existenzrecht linker Räume nur noch als Tourist_innen-Attraktion? ++ die Brunnenstraße 6/7, so wie unsere Nachbar_innen-Projekte, geraten immer mehr unter den Druck der Verdrängung ++ Orte des sozialen Widerstands gehören verteidigt +++
In der gesamten EU stehen bis zu elf Millionen Wohnungen leer, davon alleine zwei Millionen in Deutschland. Immer mehr Menschen sind von Zwangsräumungen betroffen. Fast täglich lesen wir, wie im Kontext der kapitalistischen Stadtumstrukturierung immer wieder Mieter_innen und Projekte aus dem Innenstadtbereich verdrängt werden. Kollektives und solidarisches Zusammenleben findet kaum noch Platz in einer Gesellschaft des stetigen Sozialabbaus. Mietsteigerungen und Zwangsräumungen gehören mittlerweile zum Normalzustand.
Ende Februar erhielten nun auch wir, die Bewohner_innen der Brunnenstr. 6/7 in Mitte, deftige Mieterhöhungsschreiben. Die Brunnenstraße 6/7 ist eines der größten Hausprojekte Europas und entstand als Teil der Hausbesetzer_innenbewegung der 90er Jahre in Ostberlin. Selbstverwaltet und kollektiv existiert das Projekt seit nunmehr 24 Jahren.
Nach 10 Jahren Staffelmiete sollen wir jetzt noch einmal wesentlich mehr Miete bezahlen. Doch bereits die jetzigen Mietverträge sind das Ergebnis eines Kompromisses. Sie wurden am Runden Tisch und auf der Straße erkämpft.
Der Hauseigentümer Klaus Gawehn, der Ende der 90er Jahre die Häuser der Brunnen 6/7 kaufte, konnte diese nicht wie geplant mit maximalem Profit verwerten. Im Rahmen der Verhandlungen bekam die Hausverwaltung Sanierungsgelder vom Berliner Senat unter der Bedingung, sozialverträgliche Mieten und den Erhalt der Brunnenstraße als Projekt zu gewährleisten. Mit den Mieterhöhungsschreiben ist unser Projekt aber erheblich bedroht.
In einer Realität, in der Städte durchökonomisiert und zu anschlussfähigen Produktions- und Konsumräumen für Marktinteressen werden, wäre eine kalte Räumung der Brunnenstraße 6/7 durch Mieterhöhungen kein isoliertes Ereignis. Denn in den Innenstadtbezirken werden immer wieder ärmere Bevölkerungsschichten verdrängt, die hier seit Jahrzehnten wohnen und diese mit prägen. Gerade in Mitte und Prenzlauer Berg ist sehr gut zu verfolgen, wozu Privatisierung und Privateigentum führen.
Wir haben kein Bock auf uniformierte Stadtteile!
Gegen diese strukturelle Gewalt regt sich zum Glück immer breiterer Widerstand. Die Bedrohung vom einst unattraktiven Kiez und hart erkämpften Räumen ebenso wie der Lebensgrundlage im Stadtbereich überhaupt, stehen heute nicht nur Gegenwehr, sondern auch neue Besetzungswellen und neu entstehende autonome Projekte gegenüber. Wir begreifen uns als Teil dieser Kämpfe.
Wir sagen: Wir haben uns damals nicht räumen lassen und werden auch heute nicht gehen.
Erobern wir uns die Stadt gemeinsam zurück!
Kein Fußbreit den Vermietern und dem kapitalistischen Normalzustand!
Bewohner_innen der Brunnen 6/7