Archiv der Kategorie: Soziales

Demo „gegen den Ausverkauf der Stadt“ – gegen den Bebauungsplan Ostkreuz // Samstag, 12.01.2018 um 11:00

 

Aufruf zur Demonstration

Berlin ist unser Zuhause und bleibt uns wichtig!  Daher tragen wir eine Mitverantwortung für diese Stadt und sollten sie nicht länger ausbluten lassen. 

Wir stehen auf, mischen uns ein und werden unsere Forderungen lautstark, bunt und vielfältig kundtun: Schützt eure Freiräume und Savespaces! Schützt eure Wohnungen und Grünflächen! Schützt das kollektive Leben in der Stadt!

Die Initiative „gegen den Bebauungsplan Ostkreuz“ engagiert sich seit Monaten gegen den Verkauf der landeseigenen Flächen an der Rummelsburger Bucht und den Abriss von alten Häusern an der Hauptstr. in Lichtenberg. Unserer Meinung nach braucht Berlin lebenswerte Quartiere, die für soziale Bedürfnisse ausgelegt sind und nicht eine kommerzielle Entwicklung der letzten Freiflächen am Wasser in der Stadt!

Wir haben in den vergangenen Monaten nicht aufgehört daran zu arbeiten, wie wir weiter kämpfen, auch wenn es dem*der einen oder anderen eventuell etwas ruhiger erschien. Statt dessen wurden wir immer lauter.  Jetzt geht es nicht mehr nur um das Ostkreuz und die Rummelsbucht,  jetzt geht es nicht nur um Lichtenberg, es geht um die Lebensqualität in der ganzen Stadt!

Deswegen spannen wir den Bogen weiter auf und zeigen uns nicht nur in Lichtenberg, sondern auch in Friedrichshain-Kreuzberg.  Der Kern des Ganzen ist klar: Es geht gegen den Ausverkauf unserer Stadt!

Wehrt euch gegen die Inverstor*innen! Wehrt euch gegen die Vertreibung aus euren Wohnungen und streitet für Freiräume und ein solidarisches, gutes Leben!

Rummelsburger Bucht bleibt! Potse & Drugstore bleiben! Rigaer bleibt! Hafen bleibt! Syndikat bleibt! Meuterei bleibt! Liebig34 bleibt! RAW bleibt!

Solidarisiert euch, macht Kund, gebt alles, wir mobilisieren und wehren uns. 
Denn ohne Alle sind Wir nichts! Gegen den Ausverkauf der Stadt!

Initiative „gegen den Bebauungsplan Ostkreuz“

ROUTE:

Start: 11.00 an der Max-Taut-Aula in der Fischerstr.36 in Lichtenberg.
Strecke: Über die Schlichtallee, auf die Hauptstr. und weiter über den Markgrafendamm. An der Elsenbrücke rechts abbiegen auf die Stralauer Allee bis zur Oberbaumbrücke und dann zum Endpunkt auf die Warschauer Brücke gegen 17.00.

 

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Demonstration #unteilbar // 13.10.2018 13:00 Alexanderplatz, Berlin

Demonstration #unteilbar

Für eine offene und freie Gesellschaft – Solidarität statt Ausgrenzung!

13.10.2018 13:00 
Alexanderplatz, Berlin
 

Es findet eine dramatische politische Verschiebung statt: Rassismus und Menschenverachtung werden gesellschaftsfähig. Was gestern noch undenkbar war und als unsagbar galt, ist kurz darauf Realität. Humanität und Menschenrechte, Religionsfreiheit und Rechtsstaat werden offen angegriffen. Es ist ein Angriff, der uns allen gilt.

Wir lassen nicht zu, dass Sozialstaat, Flucht und Migration gegeneinander ausgespielt werden. Wir halten dagegen, wenn Grund- und Freiheitsrechte weiter eingeschränkt werden sollen.

Das Sterben von Menschen auf der Flucht nach Europa darf nicht Teil unserer Normalität werden. Europa ist von einer nationalistischen Stimmung der Entsolidarisierung und Ausgrenzung erfasst. Kritik an diesen unmenschlichen Verhältnissen wird gezielt als realitätsfremd diffamiert.

Während der Staat sogenannte Sicherheitsgesetze verschärft, die Überwachung ausbaut und so Stärke markiert, ist das Sozialsystem von Schwäche gekennzeichnet: Millionen leiden darunter, dass viel zu wenig investiert wird, etwa in Pflege, Gesundheit, Kinderbetreuung und Bildung. Unzählige Menschen werden jährlich aus ihren Wohnungen vertrieben. Die Umverteilung von unten nach oben wurde seit der Agenda 2010 massiv vorangetrieben. Steuerlich begünstigte Milliardengewinne der Wirtschaft stehen einem der größten Niedriglohnsektoren Europas und der Verarmung benachteiligter Menschen gegenüber.

Nicht mit uns – Wir halten dagegen!

Wir treten für eine offene und solidarische Gesellschaft ein, in der Menschenrechte unteilbar, in der vielfältige und selbstbestimmte Lebensentwürfe selbstverständlich sind. Wir stellen uns gegen jegliche Form von Diskriminierung und Hetze. Gemeinsam treten wir antimuslimischem Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Antifeminismus und LGBTIQ*- Feindlichkeit entschieden entgegen.

Wir sind jetzt schon viele, die sich einsetzen:

Ob an den Außengrenzen Europas, ob vor Ort in Organisationen von Geflüchteten und in Willkommensinitiativen, ob in queer-feministischen, antirassistischen Bewegungen, in Migrant*innenorganisationen, in Gewerkschaften, in Verbänden, NGOs, Religionsgemeinschaften, Vereinen und Nachbarschaften, ob in dem Engagement gegen Wohnungsnot, Verdrängung, Pflegenotstand, gegen Überwachung und Gesetzesverschärfungen oder gegen die Entrechtung von Geflüchteten – an vielen Orten sind Menschen aktiv, die sich zur Wehr setzen gegen Diskriminierung, Kriminalisierung und Ausgrenzung.

Gemeinsam werden wir die solidarische Gesellschaft sichtbar machen! Am 13. Oktober wird von Berlin ein klares Signal ausgehen.

#unteilbar Für eine offene und freie Gesellschaft – Solidarität statt Ausgrenzung Demonstration: 13. Oktober 2018 – 13:00 Uhr Berlin

Für ein Europa der Menschenrechte und der sozialen Gerechtigkeit! Für ein solidarisches und soziales Miteinander statt Ausgrenzung und Rassismus! Für das Recht auf Schutz und Asyl – Gegen die Abschottung Europas! Für eine freie und vielfältige Gesellschaft! Solidarität kennt keine Grenzen!

https://www.unteilbar.org/aufruf/


For an Open and Free Society: Solidarity, not Exclusion!

#unteilbar

A dramatic political shift is taking place: racism and discrimination are becoming socially acceptable. What yesterday was considered unthinkable and unutterable, has today become a reality. Humanity and human rights, religious freedom, and the rule of law are being openly attacked. This is an attack on all of us.

We will not allow the welfare state to be played off against asylum and migration. We will stand in resistance when fundamental rights and freedoms are in danger of being further restricted.

We are expected to accept the deaths of those seeking refuge in Europe as ‘normal’. Europe is in a grip of an atmosphere of nationalistic antagonism and exclusion. However, any criticism of these inhumane conditions is dismissed as unrealistic.

While the State tightens its ‘so-called’ security laws and extends surveillance in a show of strength, the social system is increasingly characterised by weakness: millions suffer the impact of an underinvestment in basic care, healthcare, childcare, and education. Since ‘Agenda 2010’, the redistribution of wealth from below to above has advanced at an alarming rate. The billions in profit generated through tax incentives stand in stark contrast to one of the biggest low-wage sectors sectors in Europe and level of impoverished, disadvantaged people.

We are against this – we will resist!

We stand for an open and caring society, in which human rights are indivisible and in which diverse and self-determined ways of life,are undeniably respected.

We stand against all forms of hatred and discrimination. Together, we decidedly confront anti-Muslim racism, antisemitism, antiziganism, antifeminism and LGBTIQ*-phobia.

There are already many of us.

Whether it’s on Europe’s external borders, or here within refugee organisations and in welcome initiatives; in queer-feminist and antiracist movements, migrant organisations, trade unions, associations, NGO’s, religious communities, societies and neighbourhoods; whether it’s through the fight against homelessness, displacement, or lack of care services, against surveillance and tightened security laws, or the stripping of rights from refugees — in many places, people are actively defending themselves and others against discrimination, criminalisation and exclusion.

Together, we will make this caring society visible. On 13 October, a clear signal will be sent from Berlin.

#unteilbar For an Open and Free Society: Solidarity, not Exclusion! Demonstration: 13 October 2018 – 1 PM Berlin

For a Europe of human rights and social justice! For a solidarity-based society rather than exclusion and racism! For the right to protection and asylum – against the isolation of Europe! For a free and diverse society! Solidarity knows no borders!

https://www.unteilbar.org/aufruf/

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Demonstration: „Google Campus verhindern!“ am 01.09.2018

Demonstration: GOOGLE CAMPUS UND CO VERHINDERN!

Samstag, 01.09.18 // 14 Uhr // Oranienplatz, Kreuzberg

Noch wird im Umspannwerk gebaut. Aber schon bald könnte der geplante Google-Campus in Kreuzberg Realität sein. Bis Ende dieses Jahres soll Googles Start-Up-Schmiede eröffnen. Wer glaubt, der Einzug des Technologiekonzerns in das rote Backsteingebäude hätte keine Konsequenzen, liegt falsch. Vielmehr werden Mietsteigerung, Verdrängung und Prekarisierung die Folgen sein. Im Netz der kapitalistischen Sachzwänge wird demokratische Mitbestimmung inzwischen nicht mal mehr vorgespielt. Die Menschen, die diese drastische Umstrukturierung ihrer Lebensräume betrifft, werden nicht gefragt.

GOOGLE CAMPUS – WAS HEISST DAS?

Bereits in den letzten Jahren haben sich sowohl in Kreuzberg als auch in Neukölln die Mieten sowohl für Wohnraum als auch für Gewerbe massiv erhöht. Sollte der „Google Campus“ tatsächlich nach Kreuzberg kommen, dürfte sich die Gentrifizierung nochmals deutlich beschleunigen.

Erfahrungen mit einem „Google Campus“ gibt es etwa in London. Die Gewerbemieten in der sogenannten „Tech City“ in Ost-London begannen Mitte 2012, also genau zu dem Zeitpunkt, als dort der „Google Campus“ eröffnet wurde, massiv zu steigen. Allein bis Anfang 2015, also in nur zweieinhalb Jahren, kam es zu einer Verdoppelung der Mietpreise, da es auch für große, etablierte Unternehmen schick wurde, Flächen in der Nachbarschaft des „Google Campus“ anzumieten. Und für diese milliardenschweren Firmen fallen die hohen Mietpreise natürlich nicht ins Gewicht. Große Konzerne und die Immobilien-Eigentümer freuen sich – die Leidtragenden sind alle anderen, die die gestiegenen Preise nicht bezahlen können und verdrängt werden.

Das gleiche ist zu erwarten, sollte der „Google Campus“ in Kreuzberg seine Türen öffnen. Mit dem Segen des rot-rot-grünen Senats wird er ein Köder für die wenigen jungen Entrepreneure sein, die der gnadenlose Wettbewerb der Tech-Branche noch nicht ausgesiebt hat. Sie alle werden in Kreuzberg und Umgebung Wohn- und Büroräumen brauchen. Die Umgestaltung des Kiezes zu einem kalten Gewerbegebiet wird ihnen auf Schritt und Tritt folgen. Damit wird der Trend steigender Mieten und die Umwandlung von Wohn- in Büroraum sich weiter verstärken.

GOOGLE IST AUCH OHNE CAMPUS SCHEISSE

Google ist mehr als eine Suchmaschine: nämlich ein gigantischer Technologiekonzern, der vor allem mit Werbung und dem Verkauf persönlicher Daten seiner Nutzer*innen jährlich Milliarden an Gewinnen erwirtschaftet. Trotz seiner Außendarstellung ist Google kein „guter“ Konzern. Google ist ein treibender Akteur einer kapitalistischen Digitalisierung, die mehr Schatten- als Sonnenseiten hat: ständige Überwachung und Datensammlung ist dabei nur eine Komponente von Googles technologischem Angriff. Google ist derzeit bemüht, seine Kenntnisse im Bereich der Künstlichen Intelligenz weiter auszubauen, um massenhaft gesammelte Daten automatisch auswerten zu können. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wird Google für die digitale Kontrolle und Steuerung unser
aller Leben einsetzen.

MACH MAL GOOGLE AUS

Organisieren. Widersetzen. Kämpfen. Es ist niemals zu früh und selten zu spät. Noch können wir den geplanten Google Campus verhindern. Denn ein genauer Eröffnungstermin ist noch nicht bekannt und der Widerstand trägt bereits Früchte: anders als an den bereits existierenden Campus-Standorten sieht sich Google in Kreuzberg dazu genötigt, sich mit einer Gegenkampagne in der Öffentlichkeit und im Kiez als den wohltätigen Nachbar darzustellen, der er nicht ist.

Mit einer bunten, entschlossenen und wütenden Demo wollen wir der Politik und Google deutlich machen, dass wir den geplanten „Google Campus“ nicht hinnehmen. Mit vielfältigen Mitteln werden wir ihn unmöglich machen und verhindern.

Unser Ziel ist eine selbstverwaltete Stadt, in der die kapitalistische Verwertung von Allem und Jedem aufgehoben wird und die Organisation unser aller Leben frei und selbstbestimmt stattfindet. Deshalb rufen wir dazu auf, an der Demo und dem Kampf gegen die Dystopie des Silicon Valley und den geplanten „Google Campus“ teilzunehmen.

Nach der Demonstration lädt das selbstorganisierte Kiezfest in der Reichenberger Straße zum gemeinsamen Cornern, Diskutieren und Feiern ein.

Die Demonstration startet am Samstag (01.09.2018) um 14 Uhr am Oranienplatz und endet vor dem geplanten „Google Campus“-Standort in der Ohlauer Straße bzw. an der Kreuzung Ohlauer Straße/ Reichenberger Straße.

Route der Demonstration: Oranienplatz – Adalbertstraße – Kotti – Kottbusser Straße – Kottbusser Damm – Weserstraße – Reuterplatz – Reuterstraße – Pflügerstraße – Friedelstraße – Ohlauer Straße

GEMEINSAM DEN „GOOGLE STARTUP CAMPUS“ VERHINDERN!

SMART RESISTANCE! GOOGLE – STANDBY AND DIE!

Informationen unter: http://googlecampusverhindern.blogsport.de/

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Gegendarstellung: „Ein Journalist hinter Gittern – weitere Hintergründe zur Inhaftierung von Olaf Kampmann“

Mit Schreiben vom 11.05.2018 erhielt die Redaktion des wirbleibenalle.org-Blogs ein E Mail-Schreiben des Anwalts von Klaus Mindrup weitergeleitet. In diesem Schreiben zeigte der Anwalt die Vertretungsvollmacht seines Mandanten an und bemängelte die Darstellung des Artikels „Ein Journalist hinter Gittern – weitere Hintergründe zur Inhaftierung von Olaf Kampmann“. Es wurde sich daraufhin mit dem Anwalt geeinigt, die anwaltliche E-Mail zu veröffentlichen, womit aus Sicht der Redaktion „der Position des Mandanten, genüge getan ist.“ Der Anwalt forderte die Redaktion zudem auf, dass „beigefügte Anlagen mitveröffentlicht werden, um dem Leser vollen Einblick zu gewähren“. Diesem Wunsch geht die Redaktion hiermit nach.


Anwaltliche E-Mail vom 11.05.2018:

Hiermit zeige ich Ihnen die Vertretung von Herrn Klaus Mindrup an. Auf mich lautende Vollmachtsurkunde füge ich dieser E-Mail bei (Vollmacht liegt der Redaktion vor).

Nach hiesigem Kenntnisstand sind Sie Verantwortlicher im Sinne des Presserechtes für die Inhalte der Internetseite „wirbleibenalle.org“. Auf dieser Seite wurde mit Datum vom 04.05.2018 unter der Überschrift „Ein Journalist hinter Gittern – weitere Hintergründe zur Inhaftierung von Olaf Kampmann“ ein Artikel veröffentlicht, der meinen Mandanten betrifft und leider zahlreiche falsche Behauptungen enthält.

Im Einzelnen:

1.) In dem Artikel wird behauptet, Herr Kampmann habe aus Kostengründen auf die Einlegung einer Berufung verzichtet.

Dies ist unwahr.

Richtig ist, dass die damalige Prozessvertreterin Herrn Kampmanns, Rechtsanwältin Hölzer, mit Datum vom 15.07.2014 (im Schriftsatz fälschlicherweise 15.07.2013 bezeichnet) die zuvor eingelegte Berufung ausführlich begründete (Berufungsbegründung als .pdf), das Kammergericht die Begründung prüfte, ihr allerdings keine Aussicht auf Erfolg bescheinigte (Ankündigung der beabsichtigten Zurückweisung als .pdf), und sie schließlich zurückwies (Zurückweisung als .pdf). Es ist also keinesfalls so, dass aus Kostengründen keine Berufung eingelegt worden sei.

2.) Irreführend unvollständig ist auch die Aussage, dass Herr Kampmann den zu unterlassenden Satz aus dem Tenor des Urteils des Landgerichtes Berlin vom 03.04.2014 unkenntlich gemacht habe. Dies mag für die Seite „prenzlberger-stimme.de“ gelten, nicht jedoch für die Facebookseite der Prenzlberger Stimme, auf der der inkriminierte Satz bis zum heutigen Tage fast wortwörtlich zu finden ist:

3.) Irreführend ist auch, dass der erste Ordnungsmittelantrag zwei Jahre nach dem Urteil des Landgerichtes Berlin vom 03.04.2014 gestellt worden sei. Da das Urteil erst mit Zurückweisung der Berufung am 08.06.2015 rechtskräftig wurde, war die Stellung eines Ordnungsmittelantrages zuvor nicht möglich.

4.) Unrichtig ist auch, dass sich die Ordnungsmittelanträge auf Passagen beziehen, die zuvor keinerlei Anstoß erregt hätten.

Richtig ist vielmehr, dass sich die Ordnungsmittelanträge sowohl gegen die ununterbrochene, (fast) wörtliche Wiedergabe des inkriminierten Satzes auf der Facebookseite der Prenzlberger-Stimme als auch gegen die sinngemäße Verbreitung der Aussage in den folgenden Abschnitten des Artikels „Überraschung: Mindrup doch Grundeigentümer am Fleesensee!“ richteten. Auch die sinngemäße Verbreitung des Satzes ist durch das Urteil untersagt.

5.) Unrichtig ist auch, dass Herr Mindrup 1.500,- € Ordnungsgeld beantragt habe. Die Festsetzung des angemessenen Ordnungsmittels wurde stets vollständig in das Ermessen des Gerichtes gelegt.

Nach alledem haben Sie sicherlich Verständnis, dass wir eine Korrektur der unrichtigen Aussagen verlangen.

Hierfür haben wir uns den 25.05.2018 vorgemerkt.

Mit freundlichen Grüßen
Philipp S. Zeltner
Rechtsanwalt

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Ein Journalist hinter Gittern – weitere Hintergründe zur Inhaftierung von Olaf Kampmann

Mit Schreiben vom 11.05.2018 erhielt die Redaktion des wirbleibenalle.org-Blogs ein E Mail-Schreiben des Anwalts von Klaus Mindrup weitergeleitet. In diesem Schreiben zeigte der Anwalt die Vertretungsvollmacht seines Mandanten an und bemängelte die Darstellung dieses Artikels. Es wurde sich daraufhin mit dem Anwalt geeinigt, die anwaltliche E-Mail zu veröffentlichen,  diese Darstellung ist hier veröffentlicht.

Der Journalist Olaf Kampmann hatte im Jahr 2013 auf den Seiten seines Blogs „Prenzlberger Stimme“ mehrfach über Grundstücksgeschäfte des damaligen Pankower Bundestagskandidaten Klaus Mindrup (SPD) berichtet.

In erster Instanz wurde der Betreiber der Prenzlberger Stimme am 3. April 2014 dazu verurteilt, künftig „weder wörtlich, noch sinngemäß zu äußern/oder zu verbreiten, der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup ist entgegen seiner öffentlichen Darstellung doch Privateigentümer von Grundstücken des Projekts Hafendorf Fleesensee am Landschaftsschutzgebiet Nossenthiner/Schwinzer Heide.“

Kampmann verzichtete aus Kostengründen auf eine Berufung und machte den entsprechenden Satz unkenntlich. Damit schien die Angelegenheit erledigt zu sein. Doch zwei Jahre (!) später, im April 2016, stellte Klaus Mindrup einen „Ordnungsmittelantrag“ gegen Olaf Kampmann, weil dieser das Urteil missachtet habe. Dabei bezog sich Mindrup auf zwei Passagen, die bis dato keinerlei Anstoß bei ihm erregt hatten.

 

 

Der Politiker beantragte bei Gericht, mit der Begründung eines angeblichen Verstoßes gegen das Urteil, 1.500 Euro Ordnungsgeld, ersatzweise 15 Tage Ordnungshaft gegen Kampmann zu verhängen.

Der Antrag wurde offenbar mit heißer Nadel gestrickt. Die Rollen der Beteiligten wurden vertauscht, so dass sich Kampmann darin als Immobilieneigentümer (Gläubiger) wiederfand während der Bundestagsabgeordnete zum „Schuldner“ avancierte.

 

 

 

Auch wenn das ursprüngliche Urteil vom April 2014 kein Wort darüber verlor, dass die Berichterstattung über die diskussionswürdigen Grundstücksgeschäfte zu unterlassen sind, machten die Richter der 27. Kammer des Landgerichts klar, dass auch schon das Erwecken eines Anscheins zu untersagen sei. Und schlossen sich dem entsprechenden Antrag an. Dabei erbrachten sie einen sehr besonderen Service, indem sie den Antrag des Politikers insbesondere in der Frage von Gläubiger und Schuldner in seinem Sinne vom Kopf auf die Füße stellten. Nach Meinung von Olaf Kampmann wurde der ursprüngliche Antrag dadurch eigentlich grob entstellt. Und hätte abgelehnt werden müssen.

Und nicht nur das: Vier weitere Beschlüsse, die sich auf den ersten, nach Ansicht Kampmanns in unzulässiger Weise ergangenen Beschluss stützen, sind mittlerweile durch das Gericht ergangen und haben die Haftzeit auf 145 Tage oder 14.500 Euro erhöht. Seit dem 20. Februar sitzt Olaf Kampmann nun gemeinsam mit Schwerverbrechern in Haft in Plötzensee.

Ein weiterer Antrag des Bundestagsabgeordneten Klaus Mindrup zu einer nochmaligen Erhöhung von Haft und Ordnungsgeld liegt derzeit beim Kammergericht vor.

 

Olaf Kampmann mit einer Spende zu unterstützen:

IBAN: DE64100500000514075040
BIC: BELADEBEXXX
Verwendungszweck: Prenzlstimme

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Twitter: @free_odk
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Blogger droht Obdachlosigkeit

Die Situation um den seit Februar dieses Jahres für 145 Tage inhaftierten Blogger und Betreiber der „Prenzlberger Stimme“ Olaf Kampmann hat sich drastisch verschärft. Ihm droht jetzt der Verlust seiner Wohnung weil das zuständige Jobcenter seine Überweisungen Ende März eingestellt hat. Begründung: Kampmann habe Termine nicht wahrgenommen…

Der freie Journalist, bekannt auch als ODK, sitzt seit dem 20. Februar 2018 in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee in Haft. Ein Gericht hatte gegen ihn Ordnungsgelder in Höhe von insgesamt 14.500 € festgesetzt, weil er einem Unterlassungsurteil des Landgerichts Berlin aus dem Jahre 2014 nicht Folge geleistet habe.

Geklagt hat der Pankower Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup gegen die Darstellung seiner privaten Geschäftstätigkeit bei einer Immobilienentwicklung am mecklenburgischen Fleesensee in der „Prenzlberger Stimme“.
Wir appellieren an alle, die eine kritische, unabhängige Berichterstattung für notwendig halten, Olaf Kampmann mit einer Spende zu unterstützen:

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Gefängnis für Blogger aus Prenzlauer Berg

Der Journalist und Blogger Olaf Kampmann (ODK), Betreiber des Web-Blogs „Prenzlberger Stimme“, sitzt seit dem 20. Februar 2018 in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee in Haft. Der Grund sind nicht bezahlte Ordnungsgelder in Höhe von insgesamt 14.500 €, die Gerichte gegen ihn verhängt haben, weil er angeblich einem Unterlassungsurteil des Landgerichts Berlin aus dem Jahre 2014 nicht Folge geleistet habe. Das Gericht hatte Olaf Kampmann verurteilt, eine bestimmte Aussage wörtlich oder auch sinngemäß zu unterlassen.
Geklagt hatte der Pankower Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup gegen die Darstellung seiner privaten Geschäftstätigkeit bei einer Immobilienentwicklung am mecklenburgischen Fleesensee in der „Prenzlberger Stimme“. Der Kläger war der Auffassung, dass Olaf Kampmann trotz Textlöschungen dem Gerichtsurteil nicht vollumfänglich Folge geleistet habe und hat deshalb die Verhängung von Ordnungsgeldern gegen den Journalisten, der bis zu seiner Inhaftierung ohne Rechtsbeistand blieb, erwirkt. Die Eskalation, Olaf Kampmann soll insgesamt 145 Tage in Haft bleiben, erscheint beispiellos in der deutschen Medienlandschaft.

Olaf Kampmann betreibt seit Mai 2010 die nichtkommerzielle lokale Webseite „Prenzlberger Stimme“. Neben Berichten über Pankower Bezirkspolitik mit den Schwerpunkten Wohnen, Mieten, Gentrifizierung, Verkehr sowie lokalen Sport- und Kulturereignissen, bietet die „Prenzlberger Stimme“ immer auch investigativen Journalismus.

Facebook: @Free ODK
Twitter: @free_odk
Hashtags: #freeodk, #freekampmann, #freeprenzlbergerstimme

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Aufruf zur antikapitalistischen Demonstration am 30. April 2017

Am 30. April 2017 gehen wir gemeinsam auf die Straße. Steigende Mieten, zunehmender Stress vom Jobcenter, rassistische Polizeikontrollen oder fehlende Möglichkeiten und Orte das Leben im Kiez selbst zu gestalten – das alles sind Teile einer sich verschärfenden, kapitalistischen Stadtumstrukturierung, die uns alle betrifft.

Unsere Antwort ist Selbstorganisierung von unten! Gemeinsam können wir etwas verändern.

Vorab-Termine, mehr Infos und die Route: http://organizeberlin.blogsport.eu/

Selbstverwalteter Wohnraum statt Verdrängung

In Berlin wird es immer schwieriger bezahlbaren Wohnraum zu finden oder zu behalten. Besonders Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, sind davon bedroht, ihre Wohnungen zu verlieren. Die Mieten steigen immer weiter.

Modernisierungen und Sanierungen sind dabei meist ein vorgeschobenes Mittel der Eigentümer_innen, mehr Geld aus Wohnraum zu pressen. Wer die Miete nicht bezahlen kann, wird schon bald zwangsgeräumt und läuft Gefahr auf der Straße zu landen. Das ist bereits heute Realität für tausende Menschen in Berlin. Bezahlbarer Wohnraum wird dringend benötigt! Doch stattdessen werden Eigentumswohnungen und teure Apartments geschaffen und luxussaniert. Statt der „Sozialen Stadt“ erleben wir eine Umstrukturierung, die nur auf finanzstärkere Menschen zugeschnitten ist. Ganz nach dem Motto: „Arme raus – Reiche rein“!

Unsere Antwort auf Verdrängung ist die gegenseitige Unterstützung im Kiez! Wir wollen gemeinsam gegen die Vereinzelung ankämpfen und keinen Menschen allein lassen, der Angst um die eigene Wohnung hat.

Gleichberechtigtes Zusammenleben statt Rassismus

Angekommen in Berlin, wird jeder asylsuchende Mensch zum Gegenstand einer Industrie, von der vor allem deutsche Unternehmen und Staatsbürger*innen profitieren. Im geheucheltem Namen der “humanitären Hilfe”, die durch das zweitrangige Asylrecht einen Widerspruch zum “vollen” Menschenrecht der Staatsbürger*innen darstellt, stürzen sich soziale Träger, Security-Unternehmen, Catering- und Hygiene-Firmen auf die neuentdeckte Job- und Geldquelle. Asylsuchende Menschen müssen dabei in Massenlagern hre Lebenszeit, professionell bevormundet und stets überwacht, vergeuden. Wir fordern soziale und bezahlbare Wohnungen auch für alle Menschen, die in Berlin Schutz suchen, anstatt des Aufbaus neuer Armutsgebiete am Rande Berlins durch Container-Dörfer und Modular-Bauten (sogenannte MUF). Diese rassistische Ausgrenzungspolitik und ihre antisoziale Industrie werden die menschenunwürdigen Zustände stattdessen langfristig etablieren und verschärfen.

Kiezleben statt Vereinzelung

Teil der Verdrängung ist auch, dass es immer weniger Orte und Möglichkeiten gibt, gemeinsam unsere Nachbarschaft zu gestalten und dort Zeit zu verbringen ohne dabei viel Geld ausgeben zu müssen. Wir brauchen Räume, in denen wir uns kennenlernen und vernetzen können. Diese sind Ausgangspunkte für gemeinsame Kämpfe. Am Beispiel des Sports zeigt sich das sehr deutlich. In unserem Kiez brauchen wir keinen Elitesport und keine kommerziellen Vereine, keine Großevents. Stattdessen brauchen wir intakte Bolzplätze und Sporthallen. Öffentliche, nichtkommerzielle Sport- und Freizeiteinrichtungen, die von der gesamten Nachbarschaft genutzt werden können, müssen stärker gefördert werden. Offene Angebote für Menschen aller Altersgruppen müssen erhalten und ausgebaut werden. Sport ist für alle da, nicht nur für körperlich fitte Jungs.

Unsere Antwort: Selbstorganisation und Solidarität!

Die Berliner Politik hat die Stadt zu dem gemacht, was sie gerade ist. Jede Regierung bedient nur kapitalistische Interessen und ist nicht an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet. Wir müssen deswegen aufhören, unsere Hoffnungen in die Parteien und Parlamente zu setzen. Von Rot-Rot-Grün bis zu rechten Kräften wie der AfD werden rassistische Spaltungen und soziale Ausgrenzungen weiter verschärft.

Wir organisieren uns lieber selbst, denn wir wissen am besten, wie wir leben wollen, was wir brauchen und was gut für uns ist. Wir kämpfen für eine Stadt von unten, die sich solidarisch gegen Mieterhöhungen, Zwangsräumungen und die Schaffung von teurem Wohnraum richtet. Wir wollen Wohnraum für alle und unkommerzielle Freiräume – Selbstverwaltet statt im privatem Eigentum. Lasst uns zusammen als Nachbar_innen für die Selbstverwaltung unserer Kieze und unserer Stadt kämpfen.

Selbstorganisation bedeutet:

 

  • den Kontakt zu Nachbar_innen und Kolleg_innen suchen
  • mit einer Erwerbsloseninitiative oder einer Basisgewerkschaft für die eigenen Rechte beim Jobcenter und der Arbeit kämpfen
  • die Beratungsangebote im Kiez nutzen und sich gemeinsam gegen Diskriminierung wehren
  • an den Angeboten der selbstorganisierten Vereine im Kiez teilnehmen
  • Veranstaltungen im Kiez besuchen und sich mit anderen austauschen
  • mit einer Mieter_inneninitiative vernetzen
  • die politischen Kämpfe gegen Rassismus unterstützen

Der Wedding ist voll von Initiativen, Vereinen und selbstorganisierten Gruppen. Dort treffen sich Menschen, um sich auszutauschen und solidarisch gegen Verdrängung, Rassismus, Diskriminierung und für ihre Interessen zu kämpfen, sich kennenzulernen und Spaß zu haben!

Einige dieser Gruppen organisieren gemeinsam die antikapitalistische Demonstration am 30. April. Wir wollen eine Stadt für uns alle. Kommt vorbei und macht mit! Organize!

 

  • Vorab-Termine, mehr Infos und die Route: http://organizeberlin.blogsport.eu/

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Hat Andrej Holm gelogen? – Ein Faktencheck

Einleitung

Nach der Bestellung von Andrej Holm als Staatssekretär für Wohnen in Berlin wurde intensiv über seine fünfmonatige Tätigkeit in den Jahren 1989/90 beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und seinen Umgang damit diskutiert. Ein von ihm im Zuge seiner Anstellung an der Humboldt-Universität zu Berlin vorgeblich falsch ausgefüllter Fragebogen ist zum Gegenstand einer zum Teil aufgeregt geführten Debatte in Tageszeitungen, Politik und sozialen Medien geworden. In diesen Debatten haben viele Vermutungen, Behauptungen und Vorwürfe eine Eigendynamik erhalten und sich zu dem Bild verfestigt, Andrej Holm sei nicht offen mit seiner Stasivergangenheit umgegangen. Von Lügen, arglistigen Täuschungen und Erinnerungslücken ist die Rede. Doch stimmt das überhaupt?

Ein F.A.Q. der AG #holmbleibt-Recherche
Kerstin Meyer, Elske Rosenfeld, Enrico Schönberg


Hat Andrej Holm seine Zugehörigkeit zur Stasi verschwiegen? Hat er dazu falsche Angaben gemacht?

Nein. In der öffentlichen Debatte setzt sich bisweilen die Meinung fest, dass Andrej Holm seine Zugehörigkeit zur Stasi verschwiegen oder vertuscht habe. Dies entspricht nicht den Fakten.
Unstrittig und gut dokumentiert ist, dass Andrej Holm seit den 90ern offen mit seiner ehemaligen Zugehörigkeit zur Stasi umgeht, sowohl in seinem persönlichen und beruflichen Umfeld wie auch in der Öffentlichkeit.
Weiterhin unstrittig ist auch, dass Andrej Holm beim Ausfüllen des Fragebogens der Humboldt Universität im Jahr 2005 seine ehemalige Zugehörigkeit zum MfS (unter Frage 2.4 im Fragebogen) ausdrücklich angegeben und mit einem zusätzlichen Verweis (unter Frage 2.1 im Fragebogen) bekräftigt hat.
Die öffentliche Debatte drehte sich faktisch um die Frage der begrifflichen Einordnung seiner Zugehörigkeit. Holm hat seine fünfmonatige Zugehörigkeit zum MfS nicht als hauptamtliche Tätigkeit für das MfS, sondern als Wehrdienst und begonnene Ausbildung beim MfS bezeichnet.

1.1 - Unstrittig ist, dass Andrej Holm seit den 90ern offen mit seiner ehemaligen Zugehörigkeit zur Stasi umgeht, sowohl in seinem persönlichen und beruflichen Umfeld wie auch in der Öffentlichkeit. In einem Interview aus dem Jahr 2007 mit der taz legt er beispielsweise nicht nur seine Ausbildungszeit beim MfS offen. Er weist auch darauf hin, dass er sich von anderen Wehrdienstleistenden unterschied, da er “später für die Staatssicherheit arbeiten wollte.” In diesem Interview aus dem Jahr 2007 beschreibt er auch den genauen Inhalt seiner Tätigkeiten in dieser Zeit.
Quellen:
1.2 - In Interviews mit der Berliner Zeitung und der Zeit äußert sich Andrej Holm im Dezember 2016 noch einmal umfassend zu seiner Tätigkeit beim MfS, seinem familiären Umfeld, den Umständen seiner Anwerbung und der Verantwortung, die sich aus seiner heutigen Einschätzung für ihn daraus ergibt. Er beschreibt das Ministerium für Staatssicherheit als Teil eines Unterdrückungssystems und übernimmt Verantwortung für seine Beteiligung an diesem “repressiven Apparat”. Er verstehe, dass Leidtragende dieses repressiven Apparats Schwierigkeiten mit seiner Person haben.
Quellen:
1.3 - Andrej Holm hat die Nichttätigkeits-Erklärung im Jahr 2005 unterschrieben. Den genauen Wortlaut der sog. Erklärung Nichttätigkeit, findet man hier dokumentiert. Dort gibt es keine Möglichkeit, die Zugehörigkeit zum MfS anders zu qualifizieren als entweder hauptamtlich oder inoffiziell. Andrej Holm war kein Inoffizieller Mitarbeiter (IM) und sah sich mit seiner nicht abgeschlossenen Ausbildung auch nicht als hauptamtlicher Mitarbeiter. Er hat diese Frage verneint, indem er die Erklärung entsprechend unterschrieb.
Andrej Holm hat jedoch gleichzeitig mit der unterzeichneten Nichttätigkeits-Erklärung den „Zusatzfragebogen zum Personalblatt (Fin 542)“ ausgefüllt und abgegeben. In diesem Formular hat er seine Tätigkeit für das MfS angegeben und sie als Wehrdienst für das MfS bezeichnet. (vgl. Frage Nummer 7)
1.4 - Die Frage 2.1 (im „Zusatzfragebogen zum Personalblatt Fin 542) "Sind Sie für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/für das Amt für nationale Sicherheit oder für eine der Untergliederungen dieser Ämter oder vergleichbare Institutionen tätig gewesen ?" beantwortete Andrej Holm zwar mit "nein". Aber er nutzte das vorgesehene Feld für Anmerkungen ("Falls Ja,in welcher Weise/Funktion?") für den deutlichen Verweis "siehe Wehrdienst" auf die darunter liegende Frage (2.4 - "Haben Sie Ihren Wehrdienst beim MfS/AfNS abgeleistet?"). Holm hat diese bejaht und um weitere Angaben ergänzt. Holm hat also seine Zugehörigkeit zum MfS unter Frage 2.4 ausdrücklich angegeben und mit einem zusätzlichen Verweis unter Frage 2.1 bekräftigt.
1.5 - Anders als in der B.Z. vom 14.12.16 kolportiert, hat er hier nicht eine harmloser klingende Anmerkung wie "nur Wehrpflicht" gemacht. Diese Angabe ist falsch zitiert und hätte lauten müssen "siehe Wehrdienst".

War Andrej Holm hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter?

Das ist völlig unklar, weil es unterschiedliche Einordnungen seiner begonnenen Ausbildung beim MfS gibt. Die Einordnung von Andrej Holm als „hauptamtlicher Mitarbeiter“ ist umstritten. In den Kaderakten des MfS taucht der Begriff nicht auf. Die Stasi selbst hat den Begriff nur für eine spezielle Gruppe von inoffiziellen Mitarbeitern benutzt. Ob eine kurzzeitige und nicht abgeschlossene Ausbildung mit dem Ziel einer späteren Tätigkeit für die Stasi als „hauptamtlich“ beschreiben werden kann, ist historisch nicht geklärt. Die Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) bewertet auch jugendliche Offiziersschüler wie Andrej Holm als „hauptamtliche Mitarbeiter“.

2.1 - Umstritten ist die Frage, ob Andrej Holm hauptamtlicher Mitarbeiter des MfS war, wie es das Formular „Erklärung zur Nichttätigkeit“ bei Einstellung in den öffentlichen Dienst abfragt. Andrej Holm hatte durch die Unterzeichnung der Erklärung diese Frage verneint.
2.2 - Den genauen Wortlaut der sog. Nichttätigkeits-Erklärung , die er im Jahr 2005 unterzeichnet hat, findet man hier dokumentiert. In der öffentlichen Debatte im Dezember 2016 wurde wenig berücksichtigt, dass Andrej Holm zusammen mit der unterzeichneten Nichttätigkeitserklärung den „Zusatzfragebogen zum Personalblatt (Fin 542)“ ausfüllte, wo er seine Tätigkeit für das MfS angab und sie als Wehrdienst qualifizierte. (vgl. Frage 7)
2.3 - Andrej Holm hat eine Ausbildung beim MfS begonnen und wurde nach 5 Monaten bei der Auflösung des MfS aus dem Dienst entlassen. Sein Status als „Angehöriger des MfS“ in der Zeit vom 1.9.1989 bis 31.01.1990 war seit 2007 öffentlich bekannt und sein offener und öffentlicher Umgang damit ist sogar in seinem Wikipedia-Eintrag dokumentiert. Er wurde von der Stasi als Offizierschüler geführt.
2.4 - Der Begriff "hauptamtlicher Mitarbeiter" ist an sich schon umstritten: Zu Zeiten des MfS gab es keinen einheitlichen Begriff für hauptamtliche Mitarbeiter. Die Bezeichnung "Hauptamtliche" war kein gängiger Begriff für Wehrdienstleistende in der DDR. Üblich war die Bezeichnung "Angehörige des MfS" oder "Tschekisten".

Das MfS benutzte den Begriff „hauptamtliche inoffizielle Mitarbeiter“ (HIM) für Spitzel, die vom MfS mit einer offiziellen Legende in Betriebe und Institutionen eingeschleust wurden. Sie unterschieden sich in diesem Punkt von angeworbenen „inoffiziellen Mitarbeitern“ (IM). In diesem Sinn war Andrej Holm kein „hauptamtlicher Mitarbeiter“. Auch in den Kaderakten des MfS über Andrej Holm kommt der Begriff "hauptamtlicher Mitarbeiter" nicht vor.
Quellen:
  • Behörde des Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen (BStU), 2016: Hauptamtliche Mitarbeiter. Offiziere und Unteroffiziere der Stasi. Berlin / BStU

2.5 - Die heutige Verwendung des Begriffs „hauptamtliche Mitarbeiter“ wurde nach der Wende von der Behörde des Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen (BStU) geprägt. Dabei werden fünf Kategorien unterschieden (BStU, 2016):

  1. Berufsoffiziere- und Unteroffiziere
  2. Unteroffiziere und Soldaten auf Zeit
  3. Offiziere im besonderen Einsatz
  4. hauptamtliche Inoffizielle Mitarbeiter und
  5. Zivilangestellte.
Der Status Offiziersschüler - als solcher wird Andrej Holm in den MfS-Akten geführt - taucht in den Kategorien der hauptamtlichen Mitarbeiter nicht explizit auf.
Quellen:
  • Behörde des Bundesbeauftragten für Stasi-Unterlagen (BStU), 2016: Hauptamtliche Mitarbeiter. Offiziere und Unteroffiziere der Stasi. Berlin / BStU

2.6 - Im Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für Stasiunterlagen des Landes Thüringen aus dem Jahr 2000, heißt es: Personen, die ihren Wehrdienst im Wachregiment oder in einer Wach- und Sicherungseinheit einer Bezirksverwaltung absolviert haben, machen “keine wahrheitswidrigen Angaben […] wenn sie die Frage nach einer hauptamtlichen oder inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem MfS/AfNS im Zusammenhang mit einer Einstellung im öffentlichen Dienst verneinen.”
Quellen:
2.7 - Wolfram Pröhl, "Stasi-Auflöser" aus Dresden, erinnert daran, dass der Status eines MfS-Angehörigen vor allem denen bekannt war, die die Akten anlegten, d.h. den Abteilungen Kader und Schulung des MfS, die sowohl ‚Personalanwerbe-Abteilungen‘ als auch interne Kontrollorgane waren. Und "wir wissen es heute, weil wir diese einsehen können."
Quellen:

Wenn nicht Hauptamtlicher, welchen Status hatte Andrej Holm dann?

Andrej Holm hat im September 1989 eine militärische Grundausbildung beim MfS begonnen und wurde anschließend in der Bezirksverwaltung Berlin des MfS eingesetzt. Nach einem Jahr sollte er mit einem Volontariat beginnen und anschließend Journalistik studieren. Er hatte sich schon als Jugendlicher zu einer langfristigen Karriere beim MfS bereit erklärt. Nach seiner Wahrnehmung befand er sich in der Ausbildung zum hauptamtlichen Angehörigen des MfS.

Fazit: Andrej Holm hat eine Ausbildung beim MfS begonnen und hat mit diesem Selbstbild seinen Werdegang in öffentlichen Darstellungen, Lebensläufen und Formularen so dargestellt.

3.1 - Aus den Kaderakten geht hervor, dass Andrej Holm nach einer militärischen Grundausbildung und dem Dienst in der Bezirksverwaltung Berlin ab September 1990 ein Volontariat in der Redaktion der Jungen Welt und ab 1991 ein Journalistikstudium in Leipzig absolvieren sollte. Unumstritten ist, dass Andrej Holm also am Beginn einer mehrjährigen Ausbildung mit dem Ziel einer späteren Tätigkeit für das MfS stand. In den Kaderakten des MfS wird Andrej Holm als Offiziersschüler geführt.
3.2 - Andrej Holm beschreibt in Interviews seine Zeit bei der Stasi als Beginn der Ausbildung zu einer künftigen hauptamtlichen Tätigkeit beim MfS.
Quellen:
3.3 - Der ehemalige Bürgerkomitee-Mitarbeiter Wolfhard Pröhl bewertet Andrej Holms Selbstwahrnehmung als Auszubildender als plausibel und verweist im Interview auf die lange Ausbildungsdauer eines Offziersschülers beim MfS. Holm habe sich in einem “Ausbildungs- und nicht in einem Arbeitsverhältnis” befunden, und sich nachvollziehbarer Weise als “MfS-Azubi” verstanden.
Quellen:

Was wusste Andrej Holm über seinen Status beim MfS?

Die Kaderakten des MfS waren auch für die ehemaligen Mitarbeiter/innen geheim. Andrej Holm wusste nicht, wie das MfS ihn in den internen Kaderakten führte. In Lebensläufen und Interviews hat Andrej Holm seine fünf Monate beim MfS als eine Abfolge von Grundausbildung und Dienst in der Berliner Bezirksverwaltung dargestellt, an das sich Studium und eine spätere Tätigkeit im MfS hätte anschließen sollen. Das stimmt mit der Aktenlage überein.

Von den insgesamt fast 200 Seiten der Kaderakte hat Andrej Holm nur einen Bruchteil selbst gesehen. In den acht von ihm handschriftlich unterschriebenen Dokumenten gibt es beispielsweise sieben verschiedene Bezeichnungen seiner Dienststellung. Die Stasi war als Geheimdienst auch gegenüber den eigenen Mitarbeiter/innen konspirativ organisiert. Andrej Holm hatte keinen Einblick in die interne Aktenführung der Kaderabteilung und konnte nicht wissen, wie das MfS ihn dort führte. Die ihm bekannten Dienstbezeichnungen unterscheiden sich von der internen Aktenführung.

4.1 - Die Stasi war als Geheimdienst auch gegenüber den eigenen Mitarbeiter/innen konspirativ organisiert. Andrej Holm hatte keinen Einblick in die interne Aktenführung der Kaderabteilung. Andrej Holm hat bis zur Einsichtnahme in die über ihn geführten Kaderakten beim MfS nicht gewusst, mit welchem Status das MfS ihn dort führte. Die inzwischen veröffentlichte Akte zeigt, dass Andrej Holm während seiner Ausbildungszeit acht verschiedene Dokumente unterzeichnet hat.

In diesen gibt es sieben verschiedene Bezeichnungen für seine Stellung beim MfS:

  • „Berufsoffizier/Berufsunteroffizier“,
  • „Angestellter beim MdI“,
  • „militärischer Dienst für das MfS“,
  • „Offiziersschüler“,
  • „Angestellter MdI“,
  • „zukünftige Tätigkeit beim MdI“
  • und „Vorbereitung auf den Dienst als Offizier“.
Nach seiner Einsichtnahme in die Akten im Dezember 2016 hat er die Universität umgehend über seinen in den Kaderakten angegebenen Status als "Offiziersschüler" informiert.
Quellen:
  • Bezeichnungen seiner Tätigkeit in eigenhändig unterzeichneten Dokumenten (Die meisten Dokumente stammen aus der Zeit vor seinem Dienstbeginn am 01.09.1989). Zum Vergleich zu den von Andrej Holm unterzeichneten Dokumenten, hier die gesamte Stasi-Akte zu Andrej Holm als .pdf.

Wusste Andrej Holm, dass er keinen normalen Grundwehrdienst leistet?

Andrej Holm hat nie behauptet, dass er einen normalen Grundwehrdienst von 18 Monaten bei der NVA geleistet hat. Er hat seine militärische Grundausbildung zusammen mit sogenannten Soldaten auf Zeit abgeleistet, die sich zu einem Wehrdienst von mindestens drei Jahren verpflichtet hatten. Aus Gründen der Geheimhaltung gab es keine sichtbaren Rangunterschiede während der Ausbildung. Die Dienstbezüge von Andrej Holm als Offiziersschüler (675 Mark) unterschiedenen sich nur geringfügig von den Dienstbezügen der Wehrdienstleistenden, die sich für mindestens drei Jahre verpflichtet hatten (580 bis 630 Mark). Die Dienststellung als Offiziersschüler spielte in der Ausbildung und Dienstzeit von Andrej Holm keine Rolle und war nur den Kaderakten beim MfS zu entnehmen.

5.1 - Der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk sagt im Interview mit der taz: „Jeder, der Offizier werden wollte, wusste genau, worin der Unterschied zu einem Grundwehrdienst bestand.“ Holm habe als Offiziersschüler einen Sold von 675 DDR-Mark erhalten. „Dieser Sold war vier Mal so hoch wie ihn ein normaler Soldat erhielt. Das wusste man“. Der dahinterstehende Vorwurf der Vertuschung ist nicht gerechtfertigt, denn Andrej Holm hatte nie behauptet, dass er einen normalen Grundwehrdienst geleistet hätte.
5.2 - Laut der veröffentlichten MfS-Akten erhielt Andrej Holm monatlich 675 DDR-Mark. Beim Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ und den diesem gleichgestellten Wach-und Sicherungseinheiten (WSE) wurden jedoch ausschließlich Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit (SaZ) eingestellt, die sich für einen Wehrdienst von mindestens drei Jahren verpflichtet hatten. Mit diesen hat Andrej Holm nach eigener Aussage gemeinsam die militärische Grundausbildung absolviert. Soldaten auf Zeit (SaZ) erhielten je nach Dienstgrad seit 1986 einen Sold in der Höhe von 580 bis 630 Mark. Ein gravierender Unterschied zu den Dienstbezügen als Offiziersschüler bestand nicht.

Warum hat Andrej Holm in seinen Lebensläufen und dem Fragebogen das Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ angegeben, wenn er bei einer Wach- und Sicherungseinheit (WSE) war?

Beide Einrichtungen waren militärische Einheiten des MfS mit wenigen Unterschieden. Andrej Holm hat seine militärische Grundausbildung bei einer Wach- und Sicherungseinheiten (WSE) der Bezirksverwaltung Berlin des MfS absolviert. Wegen identischer Uniformen, vergleichbarer Aufgaben, gemeinsamer Ausbildungsobjekte und der Zugehörigkeit zum MfS konnte Andrej Holm wie andere Mitarbeiter des MfS davon ausgehen, dass es sich bei der Wach- und Sicherungseinheiten (WSE) um eine Einheit des Stasi-Wachregiments „Feliks Dzierzynski“ handelte.
Die Annahme, dass die Wach- und Sicherungseinheit (WSE), bei der Andrej Holm seine militärische Grundausbildung erhalten hat, eine Einheit des Wachregiments „Feliks Dzierzynski“ war, ist aus der alltäglichen gemeinsamen Praxis der beiden Einheiten, ihrer ähnlichen politischen Bedeutung und organisatorischen Verflechtung nachvollziehbar.
Auch in der Aufarbeitung der Geschichte des MfS durch die BStU wird die Zugehörigkeit zu Wach- und Sicherungseinheiten einem Dienst beim Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ gleichgestellt.

6.1 - Das Wachregiment "Feliks Dzierzynski“ unterstand als paramilitärischer Verband unmittelbar dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS). In den Bezirksverwaltungen des MfS gab es sogenannte Wach- und Sicherungseinheiten (WSE), die mit den Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes betraut waren. Diese Wach- und Sicherungseinheiten sind strukturell aus dem Wachregiment "Feliks Dzierzynski“ hervorgegangen, erfüllten vergleichbare Aufgaben, trugen dieselben Uniformen und Waffenarten und nutzten dieselben Ausbildungsobjekte wie das Wachregiment "Feliks Dzierzynski“.
Quellen:
6.2 - Wie auch im Wachregiment wurde in den WSE die Grundausbildung von Unteroffizieren und Soldaten auf Zeit absolviert, die sich für mindestens drei Jahre verpflichtet hatten.

In einem sogenannten Ministerbefehl (Befehl 11/89) wurde noch im Sommer 1989 die Offiziersausbildung der WSE aus dem Bestand der Hochschule des MfS herausgelöst und als Offiziersschule zur Ausbildung für den militärisch-operativen Wach- und Sicherungsdienst in das Wachregiment "Feliks Dzierzynski“ eingegliedert (BStU, MfS, BdL/Dok. Nr. 8945). Auch darin bestätigt sich die organisatorische Nähe zwischen Wach- und Sicherungseinheiten (WSE) und dem Wachregiments "Feliks Dzierzynski“.
Quellen:
6.3 - In der Praxis der Auflösung des MfS nach der Wende und bei der Überprüfung der ehemaligen Mitarbeiter des MfS wurde eine Tätigkeit in einer WSE der Tätigkeit im Wachregiment "Feliks Dzierzynski“ gleichgestellt.
Quellen:

Hat Andrej Holm seinen Status als Offiziersschüler beim MfS im Fragebogen der HU im Jahr 2005 verschleiert?

Nein. Unabhängig von der Frage, ob Andrej Holm seinen Dienstgrad überhaupt kannte (siehe Frage 3), wurde im Fragebogen nicht nach dem Dienstgrad oder einer möglicherweise für später geplanten Karriere bei der Stasi gefragt. Für die Bewertung der Glaubwürdigkeit von Andrej Holm ist es zudem unerheblich, weil auch der Status als Offiziersschüler für die spätere Bewertung seiner Zeit bei der Stasi als Ausbildung keinen Unterschied macht.
Andrej Holm hat in dem Fragebogen und seinen Lebensläufen mit den Angaben zum Stasi-Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ seine Zugehörigkeit zum MfS angegeben und nicht verschleiert oder verharmlost, wie oft kolportiert.


Als wie schwerwiegend ist Andrej Holms tatsächliche Mitarbeit beim MfS zu bewerten?

Seine Funktionen und Aufgaben bei der Stasi werden als eher harmlos und belanglos eingeschätzt. Fast alle Kritiker/innen und Unterstützer/innen gehen davon aus, dass Andrej Holms tatsächlichen Aktivitäten während seiner 5 Monate bei der Stasi als unbedeutend eingeschätzt werden können (siehe auch Punkt 2.3 im Hintergrund zur zweiten Frage). Auch laut Kriterien des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) und des Thüringer Landesbeauftragen (LstU Thüringen) werden Werdegänge wie die von Andrej Holm als „zumutbar für öffentliche Ämter“ bewertet.

8.1 - Kritiker/innen von Andrej Holm, die sich in den letzte Monaten zu Wort gemeldet haben, begründen ihre Kritik in den wenigsten Fällen mit Andrej Holms tatsächlicher Tätigkeit für das MfS. In der "Erklärung der Präsidentin der HU zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Herrn Dr. Holm" heißt es so z.B.: "Die Kündigung beruht nicht auf der Tätigkeit von Herrn Dr. Holm für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS)."
Quellen:
8.2 - Auch in der Rechtssprechung werden jugendliches Alter und kurze Dienstzeiten bei der Bewertung der Tätigkeiten beim MfS berücksichtigt. In einem Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 21. Juni 2001, 2 AZR 291/00 heißt es unter anderem:

„Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Nr. 6 des Stasi-Unterlagengesetzes vom 20.12.1991 (Bundesgesetzblatt I, Seite 2272) – StUG – erstreckt sich die Überprüfung von Personen im öffentlichen Dienst nicht auf Tätigkeiten für das MfS vor Vollendung des 18. Lebensjahres. Diese Einschränkung ist ausdrücklich in das Gesetz mit der Begründung aufgenommen worden, es sei eine Sonderregelung für „Jugendsünden“ angebracht. An dieser gesetzgeberischen Intention können die Gerichte nicht achtlos vorbeigehen. Der Kläger war zwar bei Beendigung seiner Tätigkeit für das MfS schon 20 Jahre alt. Er befand sich damit aber immerhin in einem Alter, in dem der Gesetzgeber lange Zeit noch keine Volljährigkeit angenommen hat und auch heute noch z.B. nach § 1 II JGG auf Straftaten das Erwachsenenstrafrecht nicht voll für anwendbar erklärt. Verschweigt ein im öffentlichen Dienst Beschäftigter eine MfS-Tätigkeit vor Vollendung des 21. Lebensjahres, so ist dem öffentlichen Arbeitgeber jedenfalls bei einem nicht allzu gravierenden Maß der Verstrickung eher zumutbar, auf die Falschbeantwortung mit milderen Mitteln als mit einer fristlosen Kündigung – etwa mit einer Abmahnung oder mit einer ordentlichen Kündigung – zu reagieren, als wenn es sich um eine Tätigkeit für das MfS handelt, die unter keinen Umständen mehr als „Jugendsünde“ abgetan werden kann.“

8.3 - Der für die BStU tätige DDR-Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk beschreibt Andrej Holm in einem Artikel in der Wochenzeitung der Freitag - in Anbetracht seiner frühen Anwerbung noch als Kind - zunächst als "ein Opfer der Umstände: des Staates und der Eltern."
Dass Holm diese in so jungem Alter getroffene Entscheidungen 27 Jahre später noch nachhänge, sei "nicht gerecht". In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 15.1.17, nach Holms Entlassung als Staatssekretär, bedauert er diese als einen Verlust für die DDR-Aufarbeitung. Holm sei kein Verbrecher, sondern stehe für die Widersprüchlichkeit vieler DDR-Biografien. Er glaube nicht, dass Andrej Holm während seiner Stasimitarbeit im Herbst 1989 als "kleines Rädchen im Getriebe" etwas "von Belang" habe machen können.
Quellen:
8.4 - Jürgen Haschke (Landesbeauftragter des Freistaates Thüringen) benennt in den "Empfehlungen zur Verfahrensweise bei Personalüberprüfungen: Umgang mit den Auskünften des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR" eine Reihe von Kriterien, die Anstellungen einer Person trotz erwiesener Stasimitarbeit in einem öffentlichen Amt "zumutbar" machen. Auf Andrej Holm treffen mindestens zwei der dort benannten Zumutbarkeitskriterien zu:

  • (2) "die Tätigkeit wurde erst im Jahre 1989 unmittelbar nach Schulabschluß aufgenommen"
  • (4) "die Tätigkeit erfolgte nur kurzfristig und vor langer Zeit, dies jedoch nur unter inhaltlicher Berücksichtigung der erfolgten Zusammenarbeit."

Quellen:
  • Jürgen Haschke, Empfehlungen zur Verfahrensweise bei Personalüberprüfungen als .pdf , aus Horch und Guck - HEFT 13/1994

8.5 - Ehemalige Bürgerkomitee-Mitglieder und Stasiaufarbeiter aus Berlin und Dresden, die 1990 an der Installation eines Sonder- und dann Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen per Gesetz beteiligt waren, stuften Offiziersschüler mit Andrej Holms Status als "eher harmlos" (W. Pröhl) oder "belanglos" (P.Neumann) ein. Man hätte Leuten wie Holm maximal für eine "angemessene Zeit von Leitungsfunktionen abgeraten", so Neumann im Tagesspiegel.
Quellen:
8.6 - Eine Reihe von Anwälten hat sich im Zuge der Debatte um Andrej Holms Angaben im Fragebogen und deren arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu Wort gemeldet. Sie halten Andrej Holms Stasi-"Belastung" für schon zum Zeitpunkt seiner HU-Einstellung 2005 verjährt. Inzwischen, im Jahr 2017, seien selbst Tilgungsfristen für Schwerverbrechen wie sexueller Mißbrauch überschritten.

8.7 - Dafür, dass Andrej Holms Stasimitarbeit ihn im Jahr 2017 immer noch für öffentliche Ämter disqualifiziere, sprechen sich trotz seines damaligen Alters, seiner kurzen Dienstdauer und der seither vergangenen Zeit unter anderem Vera Lengsfeld, Philipp Lengsfeld und der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen Hubertus Knabe aus. Diese Haltung wird vom Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk als "Einmal Stasi - immer Stasi" bewertet.
Quellen:

Konnten der Fragebogen und die Nichttätigkeitserklärung im Jahr 2005 überhaupt noch im Sinne ihres ursprünglichen Anliegens verwendet werden?

Der noch heute verwendete Fragebogen/Erklärung zur Nichttätigkeit wurde 1990 entwickelt und ausschließlich in Zuge einer umfassenden Prüfung und im Abgleich mit der tatsächlichen Belastung der Ausfüllenden ausgewertet. Fälle wie die Andrej Holms wären damals als unerheblich eingestuft worden. In der Presse und von anderen Stellen werden Andrej Holms Angaben heute aber pauschal und unabhängig von seiner tatsächlichen Tätigkeit als hinreichender Kündigungsgrund gewertet – und dass, obwohl der Fragebogen in seiner heutigen Verwendung von seinen Erfindern als “nicht mehr zeitgemäß” bewertet worden ist. Rechtsanwälte halten seine vermeintlich inkorrekten Angaben auch, u.a. aus Gründen der Verjährung, für arbeitsrechtlich irrelevant.

Der Fragebogen ist nicht mehr zeitgemäß und folglich ungeeignet, die Zumutbarkeit für den öffentlichen Dienst zu prüfen.

9.1 - Der in der Öffentlichkeit zur Diskussion stehende Personalbogen Andrej Holms mit Angaben zu seiner Tätigkeit beim Ministerium für Staatssicherheit besteht aus zwei Teilen.

In der Öffentlichkeit wird häufig von "dem Personalfragebogen" gesprochen. Tatsächlich handelt es sich aber um den zweiseitigen Zusatzfragebogen zum Personalblatt (Fin 542) und die einseitige Erklärung Nichttätigkeit MfS-AfNS (Fin 547). Beide Formulare sind Teil eines Standardprozederes zur Überprüfung der Einstellung von Lehrkräften im Land Berlin und sie sind unter anderem auf der Seite der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft zu finden. Der Wortlaut des Fragebogens und der Nichttätigkeits-Erklärung ist seit ihrer Entstehung 1990 nicht verändert oder angepasst worden.
Quellen:
9.2 - Beide Dokumente sind in der historischen Situation des Umbruchs in der DDR und der Wiedervereinigung entstanden. Um zu verhindern, dass ehemalige Stasi-Mitarbeiter unbesehen in den Gesamt-Berliner öffentlichen Dienst übernommen werden, wurde 1990/91 eine Kommission aus ehemaligen Bürgerrechtlern eingesetzt, um Personen in Einzelgesprächen zu ihrer Mitarbeit zu befragen und ihre tatsächliche Belastung einzuschätzen. Um diesen Gesprächen zu einer einheitlicheren Bewertungsgrundlage zu verhelfen, wurde der Fragebogen entwickelt.

Für den Fall, das Personen ihre Stasimitarbeit vertuschen wollten, wurde so auch eine “Einstellungslüge” konstruiert, anhand derer diese Personen juristisch belangt werden sollten. Widersprüchliche Angaben, wie die von Andrej Holm, wären in einem Gespräch behandelt worden. Jegliche Angaben, ob objektiv falsch oder richtig, wären aber ausschließlich im Zusammenhang mit der tatsächlichen Belastung (z.B. Dienstgrad, Dauer des Dienstes, tatsächliche Aufgaben, etc.) bewertet worden. Laut Einschätzungen von Experten wäre Andrej Holm mit seinem Hintergrund als unbelastet durchgewunken worden. Widersprüchliche oder objektiv unrichtige Angaben in den Dokumenten hätten in keinem Falle schwerer gewogen, als die tatsächliche Belastung des Betreffenden.
Quellen:
9.3 - Im Jahr 2005 wurde der Fragebogen ohne individuelle Gespräche verwendet. Es lag ihm weder eine Ausfüllhilfe bei, noch war den Ausfüllenden klar, wie und auf welcher Grundlage ihre Angaben bewertet werden würden. Bürgerrechtler, die an der Auflösung der Stasi, bzw. der Erstellung des bis heute genutzten Fragebogens beteiligt waren, halten diesen für eine Überprüfung der damaligen Stasi-Mitarbeit für „nicht mehr zeitgemäß“. In der Bewertung von Andrej Holms Fall wurden jedoch in der Presse ebenso wie in der Begründung der Entlassung Holms durch HU-Präsidentin Kunst - entgegen der ursprünglichen Praxis - die objektiv fehlerhaften Angaben im Fragebogen unabhängig von Andrej Holms tatsächlicher Belastung zum Maß der Bewertung gemacht.
Quellen:
9.4 - Verschiedene Rechtsanwälte haben die Meinung geäußert, dass eine Falschangabe im Fragebogen/ der Erklärung im Jahr 2005 keine arbeitsrechtliche Relevanz mehr habe. Rechtsanwalt Johannes Eisenberg argumentiert in der taz anhand gesetzlicher Verjährungsfristen, dass die Humboldt Universität Andrej Holm im Jahr 2005 nicht mehr nach seiner Stasitätigkeit in den Jahren 1989/90 hätte fragen dürfen. Selbst ein Tötungsverbrechen sei nach dem auf Andrej Holm anzuwendenden Jugendstrafrecht nach einem solchen Zeitraum bereits aus dem Strafregister getilgt gewesen und hätte nicht mehr angegeben werden müssen. Zudem habe seine 15 Jahre zurückliegende Stasimitarbeit keinerlei Relevanz für seine Eignung für ein wissenschaftliches Anstellungsverhältnis an der HU.

Auch die Fachanwälte für Arbeitsrecht Ziegenhagen argumentieren in einem Statement auf ihrer Website, dass nur falsche Angaben über verkehrswesentliche Eigenschaften ein Kündigungsgrund seien. Andrej Holms Angaben fielen nicht in diese Kategorie. Ebenfalls habe keine Gefahr bestanden, dass es auf der Arbeit zu einer Wiederholung der Straftat kommt. Auch sie führen die gesetzlichen Tilgungsfristen von Vorstrafen an, die im Falle Holm nach 15 Jahren überschritten waren. Sie zitieren eine Reihe von Gerichtsurteilen, in denen Kündigungen aufgrund von Falschangaben - anhand der Schwere der Stasi-Belastung, deren Relevanz für das Arbeitsverhältnis und deren Verjährung - im Sinne der Betroffenen entkräftet wurden. Die Rechtsanwälte gehen davon aus, dass die Entlassung Holms durch Präsidentin Kunst gerichtlich nicht zu halten gewesen wäre.

Das Arbeitsgericht Potsdam urteilte im Jahr 2017 ebenfalls im Sinne eines hochrangigen Landesbediensteten in Brandenburg, der im Jahr 1991 und noch einmal im Jahr 2016 falsche Angaben zu seiner IM-Tätigkeit gemacht hatte - und zog zur Urteilsfindung die tatsächlichen Tätigkeiten des Betroffenen für das MfS und die Verdienste für seinen Arbeitgeber ab seiner Einstellung 1991 heran.
Quellen:

Woher kommt die häufig wiederholte Behauptung, Andrej Holm habe sich auf „Erinnerungslücken“ berufen? Hat sich Andrej Holm nur „scheibchenweise“ erinnert?

Den Begriff der „Erinnerungslücken“ hat Andrej Holm selbst nie benutzt – er taucht als Überschrift in einer dpa-Meldung zur Pressekonferenz am 14. Dezember 2016 das erste Mal auf und wird seither von der Presse und auch der Politik vielfach aufgegriffen. Andrej Holm hat seine Zeit bei der Stasi und auch seinen dort geplanten Ausbildungsweg nicht verschwiegen und 2007 in einem taz-Interview auch presseöffentlich gemacht. Ein Abgleich von Andrej Holms Stellungnahmen (2007, 2016) mit den veröffentlichten Akten und Recherchen zeigt, dass er mit allen wesentlichen Details seiner Zeit beim MfS offen und wahrheitsgemäß umgegangen ist.

Unterschiede gibt es lediglich bei Details, zu Daten und bei Dienstbezeichnungen (vgl. auch Frage 4 und die Frage 5 zum Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ und Frage 3 zum Status als Offiziersschüler). Der Vorwurf, „seine Vergangenheit habe man scheibchenweise kennengelernt“, entspricht daher nicht den Fakten.

10.1 - Den Begriff der „Erinnerungslücken“ hat Andrej Holm selbst nie benutzt – er taucht als Überschrift in einer dpa-Meldung zur Pressekonferenz am 14. Dezember 2016 das erste Mal auf und wurde seither von der Presse und auch der Politik vielfach aufgegriffen.
10.2 - Ein Abgleich von Andrej Holms Stellungnahmen (2007, 2016) mit den veröffentlichten Akten und Recherchen zeigt, dass er mit allen wesentlichen Details seiner Zeit beim MfS offen und wahrheitsgemäß umgegangen ist. Die veröffentlichten Akten bestätigen Andrej Holms Darstellungen seiner Zeit bei der Stasi (grün und kursiv markiert). Abweichungen (rot und unterstrichen markiert) und eine Ergänzung (blau und fett markiert) gibt es lediglich bei einigen Daten und Diensteinheiten sowie seinem Dienstgrad als Offiziersschüler (vgl. dazu auch Frage 3 und Frage 7).
Quelle: Stasi-Akten über Andrej Holm (veröffentlicht am 13.12.2016) Quelle: Andrej Holm (2007 und 10.12.2016)
Bereitschaftsserklärung im Alter von 14 Jahren (1985) „Als ich im Alter von 16 Jahren von Kollegen meines Vaters für eine langfristige Verpflichtung im Ministerium für Staatssicherheit geworben wurde“ (10.12.2016)
Einstellung als Offiziersschüler „Meine Tätigkeit unterschied sich vom reinen Wehrdienst aber dadurch, dass ich später für die Staatssicherheit arbeiten wollte. (2007) . Keine Nennung des Dienstgrads. (vgl. dazu auch Frage 3 und Frage 7)
Dienst in der Bezirksverwaltung Berlin (bei der Abteilung AKG) „Ich habe zunächst eine Grundausbildung gemacht und kam dann zu einer Abteilung in der Berliner Bezirksverwaltung. Die hat sich Auswertungs- und Kontrollgruppe genannt“ (2007)
Militärische Grundausbildung bei der Wach- und Sicherungseinheit der BV Berlin (S. 61) Militärische Grundausbildung beim Wachregiment „Felix Dzierzynski“ (2007, 10.12.2016)
Verpflichtung zum Dienst im militärischen Beruf

Aus einem von Andrej Holm unterschriebenen Dokument vom 1. September 1989 geht hervor, dass er sich verpflichtet „im Ministerium für Staatssicherheit Dienst im militärischen Beruf zu leisten“.

Ein Beginn und das Ende dieses Dienstes im militärischen Beruf geht aus der Verpflichtungserklärung nicht hervor.
„später für die Staatssicherheit arbeiten wollte“ (2007)

„eine langfristige Verpflichtung im Ministerium für Staatssicherheit“ (10.12.2016)
Delegierung zum Studium der Journalistik für das Studienjahr 1991/92 an der Karl-Marx-Universität in Leipzig (S. 75) „Meine Gegenforderung war, dass ich dafür ein ziviles Studium bekomme, um nicht an der Staatssicherheitshochschule ausgebildet zu werden“ (2007)

„Nach einer Grundausbildung war ein ziviles Studium der Journalistik für mich vorgesehen“ (10.12.2016)
Geplantes Volontariat bei der Tageszeitung Junge Welt ab September 1990 Das für mich eingeplante Volontariat bei der Tageszeitung ‚Junge Welt’(10.12.2016)
Dienstende am 31.01.1990 Dienstende am 15. Februar 1990 (10.12.2016)
Quellen:
10.3 - Der Begriff „Erinnerungslücken“ ist problematisch, weil er nicht berücksichtigt, dass nicht nur die biografische Darstellung durch Andrej Holm selbst, sondern auch die Kaderakte über Andrej Holm eine Quelle ist, an die historisch kontextualisierend heranzugehen ist.
Quellen:

In der Presse und in der Entlassungsforderung des Regierenden Bürgermeister Michael Müller wird Andrej Holms Umgang mit seiner Vergangenheit kritisiert. Hat Andrej Holm es versäumt, um Entschuldigung zu bitten und sich von der Stasi zu distanzieren?

Nein. Andrej Holm ist in der Öffentlichkeit nicht nur offen mit seiner Stasi-Vergangenheit umgegangen, sondern hat sich mehrfach deutlich von Unrecht und Repression in der DDR distanziert. Er hat sich zu seiner persönlichen Verantwortung bekannt und auch explizit diejenigen, denen in der DDR Leid zugefügt wurde, um Verzeihung gebeten. Bereits im taz-Interview von 2007 distanzierte er sich von seiner Tätigkeit bei der Stasi im Wendeherbst. Später beschrieb er die Stasi als „Teil des Repressions- und Unrechtsapparates“ und machte deutlich, dass er ohne die Wende in Situationen geraten wäre, in denen er Schuld auf sich geladen hätte.

In den meisten Artikeln wird gefordert, Andrej Holm hätte "offen" mit seiner Vergangenheit umgehen und "sich distanzieren" müssen. Was nach Ansicht der Kritiker ein angemessener Umgang mit einer Stasi-Vergangenheit wie der von Andrej Holm wäre, wird äußerst selten tatsächlich ausgeführt. Folgendes hat Andrej Holm seit 1990 unter anderem in dieser Hinsicht getan:
taz-Interview 2007

Bereits 2007 in einem taz-Interview distanzierte Andrej Holm sich von seiner Entscheidung für eine Laufbahn beim MfS: „Die Reflexion darüber, was Staatssicherheit tatsächlich war, die begann bei mir erst nach der Wende. Seitdem habe ich da auch einen anderen Blick darauf.“. Er machte deutlich, dass er ohne die Wende in Situationen geraten wäre, in der Schuld auf sich geladen hätte.
Quellen:
Rede auf dem Landesparteitag der Partei die LINKE 2016

In seiner Rede auf dem Landesparteitag am 10.12.2016 distanziert sich Andrej Holm klar von seiner Entscheidung, zum MfS zu gehen:

“Ich war in der DDR Teil des Repressions- und Unrechtsapparates, habe aber im fehlenden Mut zum ‚Nein‘ selbst den Druck eines autoritären Systems gespürt. Meine persönliche Schlussfolgerung aus meiner Biographie ist die feste Überzeugung, dass eine freiheitliche, demokratische und rechtsstaatliche Gesellschaft allen anderen vorzuziehen ist.“

Quelle:
Interview gegenüber ZeitOnline

In einem Interview gegenüber ZeitOnline am 23. Dezember 2016 gibt Andrej Holm ausführlich Auskunft über seine Jugendzeit und die Entscheidung, eine Bereitschaftserklärung für die Stasi zu unterschreiben. Auch in diesem Gespräch distanziert er sich eindeutig von seinen Entscheidungen als Jugendlicher und zeigt auch Verständnis für die aktuellen Diskussionen:

„Ja, sie (die Stasi) war Teil eines Unrechtssystems und ein zentrales Instrument, um Leid über viele Leute zu bringen. Unabhängig davon, dass ich selbst zu kurz dabei war, um jemandem richtig zu schaden, ist das eine Verantwortung, die ich auch spüre. Ich wäre, wenn die DDR nicht zusammengebrochen wäre, mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit in die Situation gekommen, Teil von diesem Unterdrückungssystem zu werden. Ich verstehe also, wenn gerade die, die zu DDR-Zeiten verfolgt wurden, heute sagen: Über diese Personalie wollen wir reden.“

Quellen:
Stellungnahme vom 12. Januar 2017

In einer Erklärung vom 12. Januar 2017 (also vor der Entlassungsforderung von Michael Müller am 14.01.2017) nimmt Andrej Holm nochmals öffentlich zu den Vorwürfen Stellung und bittet ganz explizit um Verzeihung bei denen, die von der Stasi verfolgt und überwacht wurden:

„Mir war bewusst, dass dies mit der Entscheidung für ein öffentliches Amt zu Diskussion führen wird. Ich stelle mich dieser Diskussion und wenn dabei in den letzten Wochen durch unsensible Wortwahl oder unangebrachte Vergleiche, insbesondere bei den Opfern des Repressionsapparates der DDR der Eindruck entstanden sein sollte, ich wolle erlittenes Unrecht relativieren, so möchte ich hier klarstellen: Das lag nicht im Entferntesten in meiner Absicht und ich möchte mich dafür entschuldigen. Ich bin mir bewusst, dass ich mit meiner als 18jähriger gefällten Entscheidung für eine Laufbahn beim Ministerium für Staatssicherheit Teil eines Repressionsapparates war und damit strukturell Verantwortung für die Überwachung und Repression in der DDR übernehmen muss. Diese historische Schuld nehme ich auf mich und bitte insbesondere diejenigen, denen in der DDR Leid zugeführt wurde, um Verzeihung. Ich habe großen Respekt vor all jenen, die in der DDR einen unangepassten Weg gingen. Ich habe für mich aus der Wendezeit die Lehre gezogen, fortan den Mut zu finden, selbst auch kritisch und unangepasst zu sein.“

Quellen:

Primärquellen und Dokumente


Der „Fragebogen“:
Der in der Öffentlichkeit zur Diskussion stehende Personalbogen Andrej Holms besteht aus zwei Teilen, dem Zusatzfragebogen zum Personalblatt (Fin 542) und der einseitigen Erklärung Nichttätigkeit MfS-AfNS (Fin 547).

Der in der Öffentlichkeit zur Diskussion stehende Personalbogen besteht aus dem zweiseitigen Zusatzfragebogen zum Personalblatt (Fin 542) und der einseitigen Erklärung Nichttätigkeit MfS-AfNS (Fin 547).

Dem standardisierten Zusatzfragebogen zum Personalblatt sind zudem im Normalfall die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 angehängt.

Beide Formulare sind Teil eines Standardprozederes zur Überprüfung der Einstellung von Lehrkräften im Land Berlin. Die beiden Formulare sind unter anderem auf der Seite der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft zu finden. Nicht dort zu finden ist aber eine Ausfüllhilfe oder ähnliche Erläuterungen zu den angesprochenen beiden Formularen. Ob eine solche existiert oder je existiert hat, entzieht sich unserer Kenntnis.
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Ausschnitt aus dem Zusatzfragebogen Fin542



Andrej Holms Antworten

Sind Sie für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/für das Amt für nationale Sicherheit oder für eine der Untergliederungen dieser Ämter oder vergleichbare Institutionen tätig gewesen?

Holms Antwort: nein

Falls ja, in welcher Weise/Funktion?

Holms Antwort: Siehe Wehrdienst

Haben Sie finanzielle Zuwendungen von einer der genannten Stellen erhalten?

Holms Antwort: nein

Haben Sie eine Verpflichtungserklärung zur Zusammenarbeit mit einer der genannten Stellen unterschrieben?

Holms Antwort: nein

Haben Sie Ihren Wehrdienst bei einer der genannten Stellen abgeleistet?

Holms Antwort: ja

Falls ja, nähere Angaben über Zeitraum, Funktion, örtlichen Einsatz, Aufgaben:

"Grundausbildung bei Wachregiment "Filix Dzerzinski" in Berlin, vom 01.09.1989 bis zum 14.02.1990"


Akte(n):

  • Stasi-Akte über Andrej Holm – lange Variante als .pdf veröffentlicht von der Robert Havemann Gesellschaft e.V. am 13.12.2016
  • Stasi-Akte über Andrej Holm – kurze Variante als .pdf veröffentlicht von der B.Z am 12.12.2016 (mit Datum des Kopienstempels von Nov. 2006 )

Aussagen zur Biografie:


Links:

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Wie weiter nach #holmbleibt? – Beitrag der Interventionistischen Linken

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Wir veröffentlichen hier einen Text der Stadt-AG der Interventionistischen Linken, der gleichzeitig in diesem Blog und auf http://interventionistische-linke.org/ einen Beitrag zu Debatte #holmbleibt und zum Stand der Mieter*innenbewegung bildet.

Aufgaben für eine stadtpolitische Bewegung

Außerparlamentarische Linke dürfen von einer Regierung nie zu viel erwarten. Regieren bleibt Institution,  auch wenn sie sich „Regieren in Bewegung“ (Die Linke) als Motto gibt und in der Berliner Stadtregierung jemanden wie Andrej Holm als Staatsekretär ernennt. Doch größere Veränderungen werden fast immer durch Bewegungen erkämpft, ohne soziale Bewegungen dominieren die Zwänge der Institutionen, Verwaltungsvorschriften, Apparate und Lobbygruppen, die allesamt nicht auf sozialen Wandel, sondern auf Herrschaftsstabilisierung ausgerichtet sind.

Stärken und Schwächen der stadtpolitischen Bewegung

Das sieht man auch im Berliner Koalitionsvertrag von rot-rot-grün, der sowohl die Stärken als auch die Schwächen der stadtpolitischen Kämpfe der letzten Jahre offenbart. Progressive Momente lassen sich allesamt auf eine der vielen Initiativen zurückführen.
Es ist ein Erfolg, dass Inhalte wie die Unterstützung von selbstverwalteten, kommunalen Modellprojekten, der Neubau kommunaler Wohnungen oder die Ablösung der Unterbringung in echte Wohnungen für Geflüchtete im Koalitionsvertrag auftauchen. Der stadtpolitische Diskurs hat sich verschoben, weg von der Marktorientierung hin zur sozialen Aufgabe – auch wenn eine echte Selbstverpflichtung in fast allen Absichtserklärungen des Koalitionsvertrages fehlt.

Sieht man die außerparlamentarische Bewegung aber als Motor dieser Veränderungen, dann wird die Schwäche der stadtpolitischen Bewegung genauso deutlich. Denn ein Ziel und eine Strategie, die über diese Einzelforderungen und Maßnahmen hinausgeht, existiert weder im Berliner Koalitionsvertrag noch als Vision der stadtpolitischen Bewegungen. Der Mietenvolksentscheid Berlin konnte 2015  zwar erstmals strukturellen mietenpolitischen Forderungen Schwung, Schlagkraft und Focus geben – seine Abwicklung durch ein Abfanggesetz hat jedoch ein Vakuum hinterlassen. Danach ist es den stadtpolitischen Initiativen und Organisationen nicht mehr gelungen, Forderungen auf gleicher Ebene mit Druck in die Öffentlichkeit zu tragen.

Solche über Einzelkämpfe hinausgehenden Forderungen zu formulieren, zu diskutieren und mit vielen anderen dafür zu streiten, sehen wir in der IL Berlin, auch als unsere Aufgabe. Gerade jetzt unter einer rot-rot-grünen Regierung, die sich bewegungsnah gibt, auf Druck von unten zumindest reagiert – aber keine eigenen Visionen formuliert. Eine solche Vision muss aus der Bewegung kommen, bei ihrer Formulierung können wir auf viel Vorarbeit zurück greifen, von Arbeitsgruppen im Mietenvolksentscheid, bei ‚Berlin für Alle‘ und auch von ehemaligen und heutigen Mitgliedern der ‚Initiative neuer kommunaler Wohnungsbau‘.
Wir finden ein außerparlamentarisches Aufbegehren bei dieser Regierungskonstellation besonders wichtig. Zum einen müssen gerade Grüne und Die Linke jetzt liefern, was sie in Wahlkampf und Koalitionsvertrag versprochen haben. Das eröffnet Räume für Veränderung. Zum anderen kann rot-rot-grün zu einer Gefahr werden, wenn als Opposition nur noch Rechtsparteien von FDP bis AfD aus dem Parlament wahrnehmbar sind.  Denn selbst bei kompletter Umsetzung des Koalitionsvertrags wird sich die Wohnungskrise verschärfen. Denn der Private Wohnungsmarkt bleibt unreguliert, 55.000 neu versprochene Kommunalen Wohnungen können die Krise nicht lösen, sondern nur abfedern. Dieses absehbare Scheitern darf jedoch nicht von Rechts vereinnahmt werden, sondern muss von Links für weiter treibende Forderungen genutzt werden

Die Ernennung von Andrej Holm zum Staatssekretär

Während wir noch über solche Forderungen nachdachten, platzte die Nachricht über die Ernennung Andrej Holms als Staatssekretär für Wohnen ins Plenum. Dies löste bei vielen von uns erstmal Sprachlosigkeit und Skepsis aus. Wir hätten ihn gern weiterhin als Teil der Außerparlamentarischen Opposition dabei gehabt. Doch er hatte sich nun anders entschieden und war in die Regierung gewechselt. Wir waren uns sicher, dass Holm versuchen würde, alles für eine soziale Stadtpolitik zu tun, waren uns aber der Grenzen bewusst. So schrieben wir in einem noch nicht veröffentlichten Beitrag für die Zeitschrift ‚LuXemburg‘:  „auch ohne die Auseinandersetzung um seine Vergangenheit [hätte Holm es] schwer genug gehabt, minimale Reformen gegen die verkrusteten Strukturen des Berliner Filz durchzusetzen. Der Machtblock aus Immobilienkapital und jahrzehntelang SPD-geführtem Wohn- und Bauressort, sitzt nach wie vor fest im Sattel“.
Hinzu kommt, dass er auf Kompromisse angewiesen wäre und es gibt nicht nur „vorgeschützte Sachzwänge in der Politik, sondern ganz reale. Wie begrenzte Finanzen oder eine unwillige Verwaltung“ (so Nicolas Šustr im Neuen Deutschland).

#holmbleibt

Doch trotz aller Skepsis war es für uns wichtig, während der Angriffe auf Andrej Holm auf seiner Seite zu intervenieren. Die Angriffe auf ihn waren ebenso Angriffe auf den erklärten Politikwechsel – die Hoffnung auf eine bevölkerungsnahe Miet- und Wohnraumpolitik sollte gar nicht erst entstehen. Offiziell ging es jedoch nicht um die Wohnungspolitik: Andrej Holm war in Ausbildung bei der Stasi gewesen und damit Teil Des DDR-Repressionsapparats. Wir als IL begrüßen eine echte Auseinandersetzung mit der DDR und ihrer autoritären Entwicklung. Der gesellschaftlichen Linken stünde es gut zu Gesicht, diese Auseinandersetzung ernsthaft zu suchen, die verkrampfte Mischung aus Ostalgie und Beschweigen wie sie in der Tageszeitung Junge Welt und bei anderen, immer noch der Orthodoxie verpflichteten Gruppen vorgeführt wird, ist ein Hindernis für linke Aufbrüche. Doch in der Auseinandersetzung um Holm war der Umgang mit Vergangenheit nur vorgeschoben. Dies zeigt schon der Fall Schabowski, der der dritthöchste Vorgesetzte von Andrej Holm war und später zum Wahlkampfgehilfen der CDU wurde. Dafür benötigte es nur eine opportunistische und kaum glaubwürdige 180° Wende: Wie er vorher die Gegner der DDR verteufelt hatte, verteufele er nun die DDR selbst und setze sie mit allen möglichen linken Alternativen gleich (Vgl. dazu das Statement der Robert-Havemann-Gesellschaft als .pdf).

Jede  Opposition versucht natürlich, Verfehlungen von Angehörigen der Regierung für sich zu nutzen. Doch im Falle Andrej Holm ging es nicht nur um einen Angriff auf die „Glaubwürdigkeit“ der Regierung, sondern darum einer Person und einer Politik zu schaden, die der „Hausbesetzerszene näher [steht] als einem Investor“ – so Sebastian Czaja, Fraktionsvorsitzender der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus. FDP, CDU, AfD stehen jedoch den Investoren nicht nur näher als Hausbesetzer*innen, sondern auch näher als den Mieter*innen.

Dies zeigen ihre Programme und ihre Politik überall dort, wo sie regieren oder regiert haben. Dass Sebastian Czaja zusätzlich Mitbegründer der ‚Liberalen Immobilienrunde‘ ist und der wohnungspolitische Sprecher der CDU Fraktion Matthias Brauner für den Bereich Wohnungswirtschaft bei der WL Bank zuständig ist, veranschaulicht dies.
Doch auch die SPD ist da nicht besser und nimmt gerne Spenden in Höhe von Zehntausenden Euro vom Baulöwen Groth und erlässt auch gerne Mal die Pflicht zum Wohnungsbau bei ihnen nahe stehenden Investoren. Diese Handlungen vom damaligen Senator für Stadtentwicklung und Umwelt Andreas Geisel (SPD) haben es kaum zum Skandal gebracht, das spricht Bände. So ist es dann auch nicht überraschend, dass der erste SPD Abgeordnete der Holms Rücktritt forderte, Sven Kohlmeier, als Anwalt Beratung für Immobilieninvestments anbietet.

Geschichtspolitik als Instrument

Einer echten Aufarbeitung von Geschichte, Diskussionen zu Erinnerungspolitik und Verantwortung wurde mit dieser interessengeleiteten Kampagne gegen Holm ein Bärendienst erwiesen. An der ein oder anderen Stelle haben wir auch gedacht: „Oh Andrej, dass kann man jetzt aber auch in den falschen Hals bekommen“.

Doch letztendlich war der vermeintliche Stein des Anstoßes nur der, dass jemand der in der Ausbildung bei der Stasi war und dies 2007 öffentlich gemacht hat, seine Ausbildung erst als Vorbereitung für eine hauptamtliche Tätigkeit gesehen hat. Er hat also die Einschätzung nicht nach den formalen Kriterien der Staatssicherheit selbst getroffen, sondern auf Grund seiner realen Tätigkeit (Ähnliches gilt für den Vorwurf, den Wehrdienst nicht beim Wachregiment ‚Feliks Dzierzynski‘ abgeleistet zu haben. Auch hier geht es nicht um den Ort und Tätigkeit selbst, sondern um die formale Dienststelle). Zur anfänglichen Unterschätzung der Debatte hat sicher auch, beigetragen, dass viele DDR-Oppositionelle Andrej Holm sagten, dass seine Tätigkeit im Vergleich mit anderen wirklich unwichtig sei.

Doch wie kritisch man Holms Antworten auf seine Kritiker*innen auch sehen mag – deutlich wurde auch: wo es nur ging, wurde sein Wort verdreht und jeder Fehler bis aufs letzte ausgeschlachtet. Rüber kommen sollte: Andrej Holm würde sich nicht daran erinnern, bei der Stasi angestellt zu sein, er sei unglaubwürdig, nehme Opfer der DDR nicht ernst und so weiter. Die Maßstäbe, die angelegt wurden, sind unerfüllbar für jeden, der sich ernsthaft mit seiner eigenen Vergangenheit auseinandersetzen will. Eine ehrliche, öffentliche Auseinandersetzung um Geschichte und eigene Verantwortung jenseits von Floskeln und auswendig gelernten Pressestatements wird es in naher Zukunft  nicht mehr geben.

Mit dem erzwungenen Rücktritt Andrej Holms als Staatssekretär und seiner Entlassung von der Humboldt Universität hat sich letztendlich die investorennahe Fraktion in Regierung und Abgeordnetenhaus durchgesetzt. Für sie ist Geschichtspolitik nur ein Mittel des Machtkampfes. Dieser Sieg ist zwar keine Niederlage der stadtpolitischen Bewegung, sondern für die ‚Die Linke‘, aber dennoch ein Problem für uns. Denn er schwächt im Regierungs- und Verwaltungsapparat genau diejenigen, die für Bewegungsforderungen empfänglich sind. Machen wir uns nichts vor: ohne solche Empfänglichkeit sind unsere Kämpfe massiv erschwert.Darum waren die Proteste gegen Andrej Holms Entlassung von Studierenden und stadtpolitischen Initiativen notwendig, um dem Immobilienkapital zu zeigen, dass wir ihren Angriff auf unsere Interessen nicht so einfach hinnehmen werden.

Vergesellschaftung von Wohnraum oder wie weiter mit rot-rot-grün?

Darum haben wir uns beim großen Treffen von Studierenden und stadtpolitischen Aktiven im besetzen ‚Institut für Sozialwissenschaften‘ für eine gemeinsame Demonstration stark gemacht. Gemeinsam protestierten wir gegen Holms Entlassung und für unsere Forderungen als stadtpolitische Bewegung. Denn die Fraktion innerhalb der Regierung, die gegen den Verwaltungsapparat eine Wende in der Wohnungspolitik durchsetzen will, ist nun auf einen Sieg angewiesen und kann es sich nicht leisten, Kritik von Mieter*innen zu ignorieren.

Die Geschwindigkeit, mit der auf die dem Koalitionsvertrag widersprechenden 21.000 Mieterhöhungen der landeseigenen Wohnungsunternehmen zur Jahreswende 2016/2017 reagiert wurde, verdeutlicht das. Die Mieterhöhungswelle war mit nur einer Presserklärung sofort prominent in den Medien, der Senat in Erklärungsnot. Gleichzeitig zeigt diese Affäre, dass die Vorstände der Landeseigenen Wohnungsgesellschaften die Wohnungspolitik von Rot-Rot-Grün aktiv sabotieren. Es kann in solchen Konflikten nicht unser Interesse sein, schadenfroh am Rande zu stehen und das ganze als Beweis für die Unmöglichkeit von Reformen im Kapitalismus zu nehmen. Wir müssen Partei ergreifen für die Mieter*innen und haben ein Interesse daran, dass der Senat seine Wohnungsunternehmen bändigt und zu sozialer Mietenpolitik zwingt.Während in den Landeseigenen Unternehmen der Kampf um eine neue Politik noch tobt, fehlen auf dem Privaten Wohnungsmarkt die Instrumente, um einzugreifen. Die Zwangsräumungen gehen weiter, in der  Kreuzberger Otto-Suhr-Siedlung sollen wie an vielen anderen Orten auch, über energetische Modernisierungen die Mieter*innen vertrieben werden. Die dahinter stehende Deutsche Wohnen AG lässt ihr Mieter*innen überall in Berlin frieren, in der Lausitzer Straße kämpfen kleine Selbstständige um ihre Gewerberäume und in ganz Berlin steigen die Angebotsmieten wie nie zuvor.

Als stadtpolitisch aktive Initiativen, Organisationen und Einzelpersonen müssen wir darum kämpfen, dem endlich einen Riegel vorzuschieben. Wo Rot-Rot-Grün bisher den privaten Wohnungsmarkt nicht antastet, wollen wir den privaten Markt, an dem möglichst hohe Gewinne das einzige Ziel sind, bekämpfen und durch öffentliche, gemeinnützige und selbstverwaltete Wohnungswirtschaft ersetzen. Doch für solch eine „Re-Kommunalisierung plus“ braucht es durchdachte Strukturen. Es reicht nicht, einfach nur „dagegen“ zu sein, sondern positive sozialistische Konzepte sind gefragt, um die Abschaffung des privaten Wohnungsmarktes denkbar und kampagnenfähig zu machen.
Eine Möglichkeit wäre die Einführung einer echten Wohnungsgemeinnützigkeit auf Bundesebene. Gleichzeitig müssen die Gewinnmöglichkeiten auf dem Wohnungsmarkt beseitigt werden – Spekulation auf Wohnraum muss unrentabel werden. Mit einer Erhöhung der Grunderwerbssteuer, Steuern auf Luxuswohnungen und Immobiliengewinne. Nur mit dieser „Verwertungsbremse“ kommen wir der Vergesellschaftung von Wohnraum bereits vor der Enteignung einen Schritt näher.

Für uns als stadtpolitisch Bewegte bedeutet die jetzige Situationen folgendes:

  • Wir müssen unsere konkreten Kämpfe an den Orten der Verdrängung weiter führen. Nur so schaffen wir nachhaltige und ermächtigende Organisierung.
  • Wir müssen auf einer allgemeineren Ebene Forderungen und Visionen entwickeln, die nicht einfach eine Summe unserer konkreten Anliegen und Abwehrkämpfe sind, sondern diese Kämpfe perspektivisch irgendwann überflüssig werden lassen. Dies geht nur mit einem konkreten Programm für eine nicht-kapitalistische Wohnraumversorgung.
  • Um in der Offensive zu bleiben, müssen wir bis dahin alle sinnvollen Reformschritte gegen das Immobilienkapital verteidigen – ohne  uns von Senat und Parteien einspannen zu lassen. Eine „Friedenspflicht“ kann es für uns nicht geben. Stattdessen müssen wir den Rot-Rot-Grünen Senat wo es nur geht, öffentlich unter Druck setzen, ihn an seine Versprechen erinnern und mit weitertreibenden Forderungen konfrontieren. Nur so erreichen wir, dass das gemütliche Funktionieren im Apparat immer wieder aufgebrochen wird. Und nur so entstehen Räume für eine ganz andere Stadtpolitik.

Der Teilerfolg in der Causa Holm zeigt, dass solcher Druck Erfolge bringt: Noch während dieser Text entstand, wurde Holms Kündigung als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt Universität zurückgenommen. Für die stadtpolitische Bewegung ist das ein Sieg, ebenso wie für die Studierenden der HU. Die Besetzung des Sozialwissenschaftlichen Instituts, getragen von Studierenden und stadtpolitischen Initiativen, hat gezeigt dass Holms Entlassung den Forderungen nach einer anderen Wohnungspolitik nicht die Spitze gebrochen hat. In der Synthese aus Studi & Stadtprotest wurde sichtbar – die Wohnungswende ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, welches von verschiedenen Gesellschaftlichen Gruppen solidarisch getragen wird. Wir müssen diesen Schwung nutzen, unsere Forderungen systematisieren und klar machen, wie eine Stadt ohne Immobilienkapital aussehen kann.

Lasst uns zusammen dafür kämpfen!

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